Der Kauf einer Immobilie ist eine bedeutende Investition und oft von langer Planung begleitet. Potenzielle Käufer wünschen sich dabei eine gewisse Sicherheit, dass ihre Wunschimmobilie nicht anderweitig verkauft wird, während sie finanzielle oder rechtliche Aspekte klären. In diesem Kontext gewinnen sogenannte Reservierungsvereinbarungen zunehmend an Bedeutung. Diese Verträge bergen jedoch erhebliche rechtliche Risiken – besonders für Käufer. Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20.04.2023 (I ZR 113/22) verdeutlicht die Fallstricke solcher Abmachungen, die häufig als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) unzulässig sind.

Was ist eine Reservierungsvereinbarung?

Eine Reservierungsvereinbarung gewährt dem Kaufinteressenten das Recht, eine Immobilie für eine bestimmte Zeit exklusiv zu reservieren. Dafür wird meist eine Reservierungsgebühr fällig, die bei Kaufabschluss auf die Maklerprovision angerechnet wird. Ziel solcher Vereinbarungen ist es, dem Käufer die Möglichkeit zu geben, Finanzierung und rechtliche Fragen in Ruhe zu klären, ohne dass der Verkäufer die Immobilie zwischenzeitlich anderen Interessenten anbietet.

Der rechtliche Status von Reservierungsvereinbarungen

Reservierungsvereinbarungen sind rechtlich keine regulären Maklerverträge im Sinne des § 652 Abs. 1 BGB, da der Makler nicht direkt zur Vermittlung verpflichtet ist. Das Ziel der Reservierung ist vielmehr, dem Käufer eine exklusive Option auf die Immobilie zu sichern, ohne dass daraus eine Kaufverpflichtung resultiert. Doch juristisch werden diese Abreden in vielen Fällen als AGB betrachtet, was bedeutet, dass sie strengen Anforderungen an Transparenz und Fairness unterliegen. Besonders Klauseln, die dem Käufer bei Rücktritt keinerlei Rückzahlung der Gebühr ermöglichen, sind kritisch zu sehen und werden häufig als unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB bewertet.

Das BGH-Urteil vom 20.04.2023 – I ZR 113/22: Ein Meilenstein

In der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs wurde klargestellt, dass die Verpflichtung zur Zahlung einer Reservierungsgebühr, die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen verankert ist, eine unangemessene Benachteiligung des Kunden darstellen kann. In dem Fall hatte ein Käufer eine Reservierungsvereinbarung mit einer Gebühr von 4.200 Euro abgeschlossen, die nicht zurückgezahlt werden sollte, falls kein Kauf zustande käme. Der Käufer forderte diese Gebühr zurück, nachdem er aus finanziellen Gründen von der Kaufabsicht zurücktrat.

Das Gericht gab dem Käufer recht, da die Reservierungsvereinbarung in Form von AGB geschlossen worden war und somit einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterlag. Die Richter erklärten, dass die Zahlung der Gebühr, ohne dass eine nennenswerte Gegenleistung für den Käufer existiere, gegen das sogenannte Erfolgsprinzip des Maklerrechts verstoße. Eine Provision oder Gebühr dürfe nur anfallen, wenn der Kauf tatsächlich zustande kommt. Die Vereinbarung wurde als unangemessen bewertet, und der Makler musste die Reservierungsgebühr zurückerstatten​.

Die Beurkundungspflicht und Formvorschriften

Eine oft übersehene Anforderung ist die notarielle Beurkundung von Reservierungsvereinbarungen, wenn sie faktisch einen Kaufdruck auf den Interessenten ausüben. Der Gesetzgeber sieht dies als Schutzmaßnahme vor, um Käufer vor übereilten Entscheidungen zu bewahren. Gemäß § 311b Abs. 1 BGB müssen Vereinbarungen, die mit erheblichen Beträgen verbunden sind – oft mehr als 10–15 % der Maklerprovision –, notariell beurkundet werden. Ohne diese Form wird die Vereinbarung als unwirksam eingestuft.

Beispiele aus der Rechtsprechung zur Beurkundungspflicht:

  • In einem Urteil des Amtsgerichts München (191 C 28518/15) wurde festgelegt, dass eine Reservierungsgebühr in bestimmten Fällen als notariell beurkundungsbedürftig gilt, wenn sie einen wesentlichen Anteil der Maklerprovision ausmacht und faktisch den Kauf „erzwingt“.
  • Auch das Landgericht Frankfurt betonte, dass überzogene Reservierungsgebühren als rechtswidriger Druck angesehen werden können und eine Rückzahlung rechtfertigen.

Risiken und Nachteile für Käufer

Während die Reservierungsvereinbarung Käufern eine gewisse Sicherheit bietet, birgt sie erhebliche Risiken:

  • Kostenfalle bei Nicht-Kauf: Verzichtet der Käufer auf den Kauf, verliert er oft die gesamte Reservierungsgebühr.
  • Rechtliche Unsicherheiten: Fehlt die notarielle Beurkundung, kann die Wirksamkeit der Vereinbarung angefochten werden, was zu finanziellen Verlusten und Rechtsstreitigkeiten führen kann.
  • Verlust der Entscheidungsfreiheit: Eine hohe Gebühr kann Druck auf den Käufer ausüben, den Kauf trotz Bedenken abzuschließen.

Vorteile und Sicherheiten für Verkäufer und Makler

Für Verkäufer und Makler bietet die Reservierungsvereinbarung die Möglichkeit, das Risiko eines Kaufabbruchs zu minimieren:

  • Verbindlichkeit: Die Vereinbarung schafft eine höhere Verbindlichkeit seitens des Käufers und verringert das Risiko eines plötzlichen Rückzugs.
  • Teilweise Vorauszahlung: Die Reservierungsgebühr kann als eine Art Vorauszahlung auf die Maklerleistungen dienen und damit für eine gewisse Liquidität sorgen.

Empfehlungen für Käufer

Kaufinteressenten sollten einige Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um Risiken zu minimieren:

  1. Prüfen der Gebührenhöhe: Die Reservierungsgebühr sollte in einem fairen Verhältnis zum Kaufpreis stehen. Überhöhte Gebühren könnten Druck erzeugen und unwirksam sein.
  2. Anwaltliche Prüfung: Eine rechtliche Prüfung der Vereinbarung ist empfehlenswert, insbesondere hinsichtlich der Rückzahlungsbedingungen und der Angemessenheit der Gebühren.
  3. Klarheit über Rückzahlungsbedingungen: Vereinbaren Sie transparente Rückzahlungsmodalitäten, falls es nicht zum Kaufabschluss kommt.
  4. Notarielle Beurkundung sicherstellen: Ist die Reservierungsgebühr hoch, sollte auf eine notarielle Beurkundung bestanden werden, um die Wirksamkeit zu gewährleisten.

Wichtige Urteile zur Rechtsprechung über Reservierungsvereinbarungen

  • Landgericht Frankfurt, Urteil vom 30.10.2023 – 2-10 O 359/22
    Ein Käufer zahlte eine Reservierungsgebühr von 10.000 Euro. Die Vereinbarung wurde als AGB gewertet und aufgrund unangemessener Benachteiligung des Käufers für unwirksam erklärt (§ 307 BGB). Zudem verlor der Makler seinen Provisionsanspruch (§ 654 BGB), da die Vereinbarung die Entscheidungsfreiheit des Käufers einschränkte.
  • Amtsgericht Dortmund, 21.08.2018 – 425 C 3166/18
    Die Richter urteilten, dass Reservierungsabreden formnichtig sind, wenn keine notarielle Beurkundung erfolgt. Bei einer Reservierungsgebühr von 1,1 % des Kaufpreises wurde die Vereinbarung als unangemessene Belastung für den Käufer angesehen.
  • BGH, Urteil vom 20.04.2023 – I ZR 113/22
    Der BGH erklärte, dass Reservierungsgebühren in AGB grundsätzlich unzulässig sind, wenn der Käufer keinerlei Vorteil erhält und die Rückzahlung im Falle eines Nicht-Kaufs ausgeschlossen ist.

Fazit: Vorsicht bei Reservierungsvereinbarungen

Reservierungsvereinbarungen können eine hilfreiche Methode sein, um Käufern Zeit für ihre Kaufentscheidung zu verschaffen. Die rechtlichen Fallstricke und die hohen Anforderungen an Transparenz und Fairness sind jedoch nicht zu unterschätzen. Die Gerichte, allen voran der BGH, haben in ihren Entscheidungen betont, dass Klauseln in AGB, die Käufer unangemessen belasten, unwirksam sind.

Ein gut beratener Käufer sollte Reservierungsvereinbarungen daher stets kritisch prüfen und gegebenenfalls anwaltliche Unterstützung hinzuziehen, um seine Interessen zu wahren.